Altar oder Kühlschrank?

 

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Altar oder Kühlschrank:

vor die Wahl gestellt,

so mancher frommer Glaube,

glaubt mir, geriete ins Wanken.“

Ja, ich glaube dieser Feststellung von Hans Magnus Enzensberger, dem kürzlich verstorbenen großen deutschen Lyriker, weil ich es an anderen sehe und nicht minder bei mir selbst wahrnehme, dass man ins Wanken gerät, wenn Weihnachten gefeiert wird.

Im globalen Kontext lässt es sich noch als „Fest der Liebe“ verkaufen, wobei weniger Liebe als vielmehr (Ver-)Kaufen hier einen dominierenden Part übernimmt, und bei aller Liebe – die Schrecken des Krieges lassen sich kaum übertünchen. Daran hindert auch nichts die rasant sich gegenseitig übertreffende Flut von Spendenveranstaltungen zur Gewissensberuhigung – irgendwann sind die Tränendrüsen leergedrückt. Die arbeitsfreien Tage freilich sind gut zum Winterurlaub – solange der klimabedingt noch möglich ist, egal ob mit Schnee oder noch nicht zu hohem Meeresspiegel. Und so anrührend mancher verschickte Weihnachtsgruß sein mag, er rührt auch stark an Ressourcen.

Trotzdem oder gerade deswegen wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Ich denke, dass wir die vielen Bräuche, die es dazu gibt, unbedingt brauchen, gerade in den Familien. Und dass die alten Weihnachtslieder wieder gespielt und gesungen werden sollten, halte ich für unser kulturelles Gedächtnis für unverzichtbar, damit neue Lieder sinnvoll dazukommen können. Und dass der Kühlschrank ’was hergibt für ein festliches Essen in Gemeinschaft – wie schön, wenn das in diesen Tagen möglich ist. Aber sollte nicht auch Zeit sein für den Altar?

Denn eines möchte ich dann schon noch tun: ich wünsche kein frohes sondern ein gnadenreiches Weihnachten, weil der Ursprung dieses Festes nicht zum bloßen Anlass verkommen darf sondern in seinem Geheimnis bedacht sein will. Es geht um die Geburt des Jesus von Nazaret als des Christus. Geschehen zur Zeit des Kaisers Octavian Augustus (bedenken Sie, woher Augsburg seinen Namen hat!) in der Davidsstadt Betlehem. Als gute Nachricht verkündet vom Evangelisten Lukas. Lesen Sie bitte nach unter Lk 2,1-14! Vielleicht kommt in Ihrem Herzen dann auch etwas davon zum Schwingen, was als himmlischer Chorgesang dort zitiert wird: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.“

Das jedenfalls wünscht sich

Ihr Pfarrer

Walter Schmiedel